Es ist weiß Gott nicht der erste Flug, der mit der „Discovery“ ins All gestartet ist, aber trotzdem sind wir natürlich weit davon entfernt, daß solch ein Flug eine reine Routineangelegenheit ist.
Noch immer besitzt das All seinen alten Zauber, seine Magie, seine unheimliche Anziehungskraft. Leider bin ich zu jung, um zu Zeiten der ersten Mondlandung bereits gebannt vor dem Bildschirm gesessen zu haben oder den Krimi um die „Apollo 13“ mitbekommen zu haben. Erst die Verfilmung dieser dramatischen Ereignisse machten mich das erste Mal so richtig neugierig auf Raumfahrt und alles, was damit zusammenhing. Und nun bietet sich mir also die erste Chance, einen Raumflug selbst am Computer mitzuerleben. Ich habe schon mal alte Aufnahmen vom Funkverkehr der ersten Mondlandung gehört, doch hielt sich meine Faszination leider etwas in Grenzen, denn ich verstand fast kein einziges Wort. Und so bestand der Kick ausschließlich in dem Bewußtsein, daß ich da einem wirklich historischen Moment lauschen durfte.
Diesmal ist es anders. Diesmal verstehe ich fast jedes Wort, und die Qualität läßt es fast unglaublich erscheinen, daß diese Stimmen aus dem Weltraum kommen sollen, aus einer Umlaufbahn um die Erde. Unvorstellbar, daß zur Zeit des Apollostarts Computer noch erstaunlich waren, die „in ein ganzes Zimmer paßten. „Hautnah“ bekommt man plötzlich Reparaturen am Hitzeschild mit, Schritt für Schritt kann man den „Alltag“ an Bord belauschen und ansehen. Natürlich ist man auch in Sachen Medienwirksamkeit mit der Zeit gegangen, und man geht es typisch amerikanisch an. Der japanische Astronaut bekommt eine Einspielung eines japanischen Kinderchors, in dem auch seine Kinder mitsingen, als „wake-up-call“ was an sich ja ganz überraschend hätte wirken können, wenn seine Antwort darauf nicht so allzu einstudiert klänge. Die Interviews werden vorsichtiger und beherrscht geführt wie bei Sportlern heutzutage. Schließlich hört die Welt mit, und diesem Umstand wird wesentlich mehr Rechnung getragen als in den 70ern. Das pionierhafte in den Stimmen ist etwas verschwunden und hat zeitgemäßer Professionalität Platz gemacht. Man muß Souveränität verkaufen statt Erstaunen. Und dennoch: Hinter all dem Brimborium können sie nicht die kleinen, menschlichen Dialoge ersticken, kommt doch einiges von der täglichen Arbeit und den Untertönen rüber zwischen den AstronautInnen und Houston. Und darum find ich es immer noch enorm spannend. In fast genau 9 Stunden wird sie nun landen, die „Discovery“, und man kann nur hoffen, daß ihre Crew heil wieder hier ankommt. Ich jedenfalls zittere mit und werde dabei sein. Zumindest im Internet.
Tja, nu isse doch noch nicht unten, die „Discovery“! Es heißt also weiter fiebern. Wir versüßen uns die Zeit, indem wir ein paar Sachen herunterladen von „Nasa T.v.“. Zum Beispiel einen kleinen 3-Minuten-Beitrag von Steve Robinson persönlich für Laien, in dem er ein bißchen aus dem Alltag erzählt und was ihm so besonders gefällt. So eine Reparatur im freien Raum muß genial sein. Wie man sich da wohl fühlt? Ich bin total neidisch! Ich würde echt auch gern mal ins All! Naja, träumen darf man ja! Und dann haben wir uns den heutigen Wake-up-Call angehört mit einer noch so richtig rührend verschlafenen Kommandantin. Beiden hat man so richtig angehört, wie begeistert sie von ihrer Mission sind. Robinson hat förmlich gestrahlt. Bin gespannt, was wir im Netz noch so alles finden. Und heute Nacht sind wir natürlich wieder auf dem Posten.
Spannend, dass du, Nest, so begeistert über diesen Flug schreibst. Ich freue mich, endlich mal eine Space-Shuttle-Mission im Internet verfolgen zu können, und nicht nur die wenigen Minuten, die man so über die deutschen Sender hört.
Hoffentlich wird diese Mission gut ausgehen, hoffentlich gibt es keine Probleme am Hitzeschild der Discovery. Vielleicht hat man meinen bisherigen Artikeln nicht angemerkt, wie Weltraumbegeistert ich bin, aber ich gebe es zu, ich bin es.
Jetzt dauert es noch eine halbe Stunde, bis 11.17 uhr, bis es sich endgültig entscheidet, ob die „Discovery“ heute in Florida landen wird. Danach gibt es noch zwei Möglichkeiten für Kalifornien. Uff! Ich möchte jetzt nicht da oben sein. Wahrscheinlich denken sie auch an die Besatzung der „Columbia“ vor 2 Jahren… Allerdings wirkt der Mann am Funk, der Mann von Cap Com in Houston, erheblich angespannter als Ileen Collins. Mich packt jetzt auch das Fieber. Das erste Mal, daß ich so etwas miterlebe! Sie müssen jetzt wieder extrem viel trinken, um die Schwerkraft nach der Landung besser aushalten zu können. Die Vorbereitungen laufen schon an. Hoffentlich klappt es diesmal!
… und der Krimi geht weiter! Um 11.04 uhr wurde bekannt gegeben, daß nun doch eine Landung in Kalifornien vorgenommen werden muß. Tja, Wolken sind und bleiben für uns noch unberechenbar. Alle geben sich gelassen. Die Nachricht wurde von Houston in die schöne Frage verpackt, wie der Crew denn eine schöne sternklare Nacht in Kalifornien gefallen würde… Nun, sie seien offen für alles, lautete die Antwort der Kommandantin. Um 13.06 also soll nun die Landung beginnen, und wenn alles gut geht, landen sie um 14.12 uhr auf der Edwards Airforce Base. Daumen drücken!
In rund einer halben Stunde ist es nun so weit. Seit 13.06 uhr unserer Zeit ist nichts mehr zurückzunehmen. Der Triebwerksscchub ist geglückt, von da an fiel die „Discovery“ der Erde entgegen. Um 13.40 uhr etwa trat sie in die Erdatmosphäre ein. Jetzt geht es um einige Richtungsänderungen, die gezielt vorgenommen werden, um die Geschwindigkeit des Shuttles zu reduzieren und bei herrschender Geschwindigkeit den richtigen Zeitrahmen bis zur Landung einzuhalten. Halt: Ich erfahre gerade, daß es sich nicht um Richtungsänderungen handelt, sondern um ein Verlagern des schuttles im Raum, ein sich-auf-die-Seite-legen des Shuttles sozusagen, um die Geschwindigkeit mit Hilfe der Veränderung des Luftwiderstandes oder auch Reibungswiderstandes zu verringern. Bisheerscheint mit dem Hitzeschild alles klar zu gehen.
Pünktlich wie die maurer! Da kann sich die DB echt was von abschneiden. Um 14.12 uhr waren sie gelandet. Aber bei denen muß ja auch alles viel mehr nach Plan gehen. Jetzt dauert es noch eine halbe Stunde, bis die Crew von Bord darf: Die Systeme müssen gesichert werden und dann müssen sie abwarten, bis die Hitze sich etwas gelegt hat. Jetzt könnnen wir jedenfalls aufatmen. Sie sind wieder auf der Erde! Mann, wie ich sie beneide!
Danke für die vielen kleinen Kommentare. Ich habe mitgefiebert, weil ich dachte, der Hitzeschild hält es nicht durch. Ich kann mich gut an den ersten Start des Shuttle im Jahre 1981 erinnern, und schon damals war ich voller Spannung dabei. Für mich ist Raumfahrt ein Weg in die Zukunft. Aber vielleicht nur, weil ich SF-Literatur mag? Ich glaube eher, es ist anders herum, ich mag SF-Literatur, weil sie auch in der Zukunft des Menschen spielt.
Jedenfalls bin ich heilfroh, dass die Crew wieder sicher unten ist, und ich fand es riesig, die letzten Tage die Entwicklung live übers Internet zu verfolgen.