Es scheint, als wiederhole sich die Geschichte. Nach den Untaten der „Ungläubigen“ in Afghanistan, und nach 5 Jahren eher schlecht gelungener Reformen, sind die Taliban wieder auf dem Vormarsch und kontrollieren offenbar das halbe Land. Ein neues Regelwerk soll jetzt Effizient und Moral in die Truppe zurückbringen.
Seit gestern habe ich ein neues Blog in meiner Blogroll: Outsider in Strausberg. Den Namen kannte ich schon lange, aber das Blog hatte ich mir noch nicht angesehen. Gestern tat ich es, und entdeckte als Erstes einen Eintrag über Afghanistan mit interessanten Links. Es ging um die Wiedergeburt der Taliban, der Gotteskrieger Afghanistans, die 7 Jahre lang das Land in Angst und Schrecken versetzt hatten. Ihre Unterstützung für Binladen dürfte noch bekannt sein, und auch die Tatsache, dass sie mit äußerster Härte und Konsequenz ihr Gottesregime ausführten, hat wohl jeder noch im Hinterkopf. Die Steinigungen von Frauen, das Lern- und Bildungsverbot für Mädchen, überhaupt die konsequente Einhaltung der vor 1300 Jahren geschriebenen Sharia. Barbarisch und unmenschlich nannte man dieses System, trotzdem waren auch wir barbarisch genug, uns lange Jahre mehr über das Sprengen von alten Budha-Statuen aufzuregen, als über die Unterdrückung der Frauen. Und als wir es dann taten, war es lediglich willkommene Unterfütterung zur Rechtfertigung der militärischen Aktionen der US-Administration. Als das Land scheinbar erobert war, verschwanden die Frauen Afghanistans wieder aus dem öffentlichen Interesse. Dass die Taliban in den letzten 2 Jahren mehr als ein Drittel aller für Frauen eingerichteten Schulen wieder zerstörten oder zum Schließen zwangen, einfach durch Gewaltandrohung, wird hier nur manchmal ganz leise berichtet. Dagegen unternommen wird nichts.
In Outsiders Bericht nun gibt es Links zu einem neuen Dokument der Taliban. Damit soll die offenbar geschwächte Moral in der Truppe wieder hergestellt werden. Strenge Regelungen wie das Verbot von Plünderunen, Erpressungen, gegenseitiger Machtkämpfe, vermischen sich mit dem Verbot des Zigarrettenrauchens und der Knabenliebe. Frauen werden in dem Schriftstück ohnehin nicht erwähnt. Einem Newsweekkorrespondenten ist es gelungen, einen führenden Taliban zu interviewen. Der erklärte frisch und frei, dass Selbstmordattentate die Wunderwaffe der Gotteskrieger wären. Damit würden sie Panik in die Herzen der Feinde bringen.
Worum ging es Bush eigentlich, als er Afghanistan angriff? Dafür, dass die Taliban jetzt wieder auf dem Vormarsch sind, ist der Preis doch wohl etwas hoch, oder? Und warum haben die Gotteskrieger so viel Unterstützung? Vergewaltigungen, Misshandlungen und Schändungen der Totenruhe, die es in Afghanistan seit dem Einmarsch westlicher Truppen gegeben hat, mögen dafür einige Gründe sein. Verrohung hier im Westen ist auch ein Thema, über das man nachdenken sollte.
Jedenfalls kann ich jedem nur empfehlen, den Bericht im Outsiderblog zu lesen, wie überhaupt das ganze Blog.
Copyright 2006, Jens bertrams.
Mich überrascht das eigentlich nicht. Im Irak ist es im Grunde ähnlich. Genauso wie im Kosovo, überall, wo der Westen sich eingemischt hat. Das ist alles immer nur halbherzig, auch in Afrika. Ach, echt egal, wo man hinguckt. Man kann auch nicht erwarten, durch ein paar Jahre Truppenpräsenz ganze Kulturen zu verändern, und es ist im Grunde auch fraglich, ob man das anstreben sollte. eigentlich kann nur was geändert werden, indem andere Verhaltensweisen konsequent vorgelebt werden und indem die betreffenden Länder wirklich einen Vorteil davon erkennen können. DAs haben wir hier einfach nicht zu bieten und wollen es auch allzumeist gar nicht, denke ich. Und überhaupt: Wenn ich mir überlege, wie wenig die Soldaten, die ich kenne und mit denen ich zum Teil gesprochen habe, über die KUltur der Länder wissen, in die sie da gehen, dann wundert mich das noch weniger. Da geht ein Haufen unvorbereiteter Leute mit tollen, naiven moralischen Grundsätzen in ein völlig fremdes Land, und wenn sie dann ausgebrannt sind bzw. die Öffentlichkeit irgendwann dann doch mal begriffen hat, daß so ein Einsatz auch Tote auf der eigenen Seite fordern kann, dann werden sie eben wieder zurückgezogen. ich weiß, das ist ein völlig zynischer Kommentar, und eine Lösung hab ich auch nicht parat. Hilft also keinem weiter. Wie gesagt: Es kann nur vorgelebt werden, und die Vernetzung, die es heute überall gibt, könnte für brauchbares genutzt werden. ich will nicht sagen, daß das nicht passiert, und ich habe einen Höllenrespekt vor Initiativen, die es versuchen – aber die politisch und wirtschaftlich wirklich maßgeblichen Leute haben doch gar kein Interesse daran, daß sich was ändert. Das wird erst erwachen, wenn wir hier tatsächlich mal ein echtes Flüchtlingsproblem kriegen. Ach Mann, ich habe im Moment echt eine frustrierte Phase.
Danke für die Empfehlung. Ich werde Dein Blog auch im Auge behalten.