Es ist mitten in der Nacht, ich huste schrecklich und kann nicht mehr schlafen. Aber ich könnte lachen vor freude, freude darüber, dass ich hier sitzen kann mit nur leicht frierenden Fingern, einem nur leichten Schauder auf dem Rücken und vor allem keinen Fieberfantasien mehr.
So etwas hab ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt. Wir waren am vergangenen Wochenende in Berlin bei einem Treffen unseres Radiosenders Ohrfunk. Es war ein nettes Wochenende, wir haben auch gearbeitet und hatten viel Spaß. Sonntagsmittags fing meine Liebste mit dem leichten Husten an. Sie wurde immer schlapper, während wir im Zug nach Marburg saßen, und als wir gegen Mitternacht endlich angekommen waren, war sie herzhaft krank geworden. Ich gratulierte mir noch so, weil ich dachte, ich sei davon gekommen, aber ich hatte mich getäuscht.
Am Montagmorgen erwischte es auch mich. Ich hatte noch auf eine handelsübliche Erkältung gehofft, aber diesmal nicht. Trotz Kopf- und Gliederschmerzen, trotz Husten und Fieber mit Schwindel machte ich noch Beiträge für den Sender. Nützt ja nichts, wenn man personell so knapp besetzt ist. Aber eigentlich hätte ich an diesem Abend eine ganze Sendung für Dienstag produzieren sollen, doch das ging nicht mehr, ich musste ins Bett. Normalerweise gehe ich nie bei Erkältung ins Bett, ich hasse das, es ist langweilig, schlafen kann ich ohnehin meistens nicht, und man kann sich auch nicht richtig ablenken. Aber diesmal…
So hohes Fieber hatte ich noch nie, soweit ich mich erinnern kann. Ich bekam meine Umgebung nicht mehr mit, hatte abgerissene Traumfetzen, glühte vor mich hin und hatte Probleme, die kleinste Bewegung auszuführen. Weniger physische Probleme, als vielmehr Umsetzungsschwierigkeiten. Wenn ich mich entschied, etwas trinken zu wollen, dauerte es mindestens 10 minuten, bis ich mich aufsetzte, und noch einmal 10 Minuten, bis ich zur Flasche griff, die praktisch neben meiner Hand stand. Und dann kam es noch vor, dass ich sie einige Minuten ungeöffnet in der Hand hielt. Was ich in dieser Zeit dachte, kann ich nicht mehr nachvollziehen, aber es war kein schöner Zustand. Jeden Morgen hatte ich eine relativ klare Phase, in der ich aufstand und einen Kaffee kochte, sonst geschah bis Mittwochmorgen nichts. Leider hatte ich Dienstag Geburtstag, den konnte ich mir abschminken.
Am Mittwochmorgen kam ein sehr guter Freund von uns nach einem Unfall mit einem Wirbelbruch ins Krankenhaus, und weil er keine Verwandten hier hat, sind wir die Ansprechpartner und organisieren für ihn einiges. Das heißt: Meine Liebste, diese Heldin, organisiert einiges, ich selbst konnte mich auch Mittwoch und den halben Donnerstag auf nichts länger als ein paar Sekunden konzentrieren.
Irgendwann am Mittwoch habe ich vor mich hin fantasiert, ich hätte meiner Liebsten ein kleines Saxophon zurückgegeben, das sie mir geliehen hätte, ungefähr handteller groß. Mir fiel noch rechtzeitig, bevor ich mich für die Ausleihe bedankte, auf, dass das quatsch sein musste. Eine solche Fieberattacke wünsche ich meinen ärgsten Feinden nicht, und denen wünsch ich schon einiges. 🙂
Inzwischen stelle ich eine Besserung fest. Ich kann schreiben, auch wenn alles sehr sehr langsam geht, ich kann wieder zusammenhängend denken, mal wieder aufstehen. Noch bin ich einiges davon entfernt, Beiträge oder eine Sendung zu machen, ich habe auch immer noch Fieber, aber ich merke, dass es aufwärts geht.
Die Grippe geht um, und die ist extrem ansteckend. Während des Donnerstags haben wir gehört, dass noch mehr Leute, die in Berlin anwesend waren, kräftig erwischt wurden. Unser Chef schlug eine eigene Ohrfunk-Krankenkasse vor. Mir schwebt eine Ansage über den Sender vor. Ungefähr so:
„Liebe Hörerinnen und Hörer, fast unser gesamtes Team ist von der Grippe heimgesucht worden. Wenn es Ihnen auch so gehen sollte, legen Sie sich ruhig hin, der Ohrfunk versorgt sie auch im Krankheitsfall mit handverlesener und immer wieder überraschender Musik. Wir bauen Brücken: Von Krankenlager zu Krankenlager. Und solange Sie und wir krank und darum ohnehin nicht aufnahmefähig sind, tun wir das extra für Sie ohne Moderation. So sind wir zu Ihnen. – Gute Besserung.“
So, jetzt ist aber auch schon wieder genug.