Nach der Frankfurter Demokratenprügelei: Ein echter Twitter-Rant

Am vergangenen Samstag haben in Frankfurt mehrere tausend Querdenker*innen protestiert, natürlich ohne Maske, natürlich mit Verschwörungserzählungen und Nazi-Propaganda. Dagegen formierte sich Widerstand, ein Widerstand mit leicht aggressiver Tendenz. Am Nachmittag verbreiteten die Medien die Nachricht, die Polizei habe erstmals bei einer Querdenker*innen-Demonstration Wasserwerfer und Schlagstöcke eingesetzt. – Es ist der Nachsatz, der hier entscheidend ist. Er lautet: „Aber nicht gegen die Demonstrationsteilnehmer, sondern gegen den Gegenprotest.“

Ich muss zugeben, dass mich diese nachricht auf eine Weise schockiert und geärgert hat, die selbst bei mir sonst nicht üblich ist. Schon wenige Minuten, nachdem ich die Nachricht erhalten hatte, ließ ich einen echten Twitter-Rant los, eine Wutrede, die ich hier gern leicht ergänzt wiedergeben möchte:

„Ich könnte platzen, die Wände hochgehen, etwas gegen die Wand werfen! Ich habe den Staat und die Polizei immer verteidigt, ich bin nun wirklich weit davon entfernt, extrem zu sein. Aber Frankfurt ist schon wieder eine rote Linie! Sie prügeln die Antifaschist*innen nieder!
Die Querdenker*innen müssen marschieren und die Krankheit damit verbreiten dürfen! Die Rechten müssen ihre Rechte haben, drum prügelt man auf die Verteidiger*innen von Rechtsstaat und Demokratie mit Schlagstöcken ein und vertreibt sie mit Wasserwerfern.
Um aber die Hygienevorschriften durchzusetzen, bittet die Polizei den Versammlungsleiter darum, die Maßnahmen zu kommunizieren! Was ist das für eine Polizei? Ist sie auch faschistisch? Will Seehofer deshalb keine Studie, weil er das weiß? Könnte doch sein?
Sorry, ich will kein Verschwörungserzähler werden, aber ihr, Politik und Polizei, macht es einem wirklich nicht einfach! Wirklich nicht! Verdammt! Verteidigt erst mal die, die dieses Land und seine Werte verteidigen! Erkennt die wahre Gefahr, wenn ihr nicht selbst eine seid!
Ich bin Antifaschist, das war ich immer schon! Aber jetzt gehört meine Solidarität der Antifa, ja, gerade auch der Antifa, die zivilen Ungehorsam predigt! Wir müssen uns wohl selbst helfen! Staat und Polizei haben die Demokrat*innen verraten und sind zu den Faschist*innen übergelaufen!
Bei jeder Querdenker*innen-Demo bietet sich dasselbe Bild! Die, die immer behaupten, ihre Meinung nicht äußern zu dürfen, werden von der Polizei mit Samthandschuhen angefasst, die Bürger*innen geprügelt, gedemütigt, verhaftet und bestraft! Es reicht jetzt! Ihr seht bewusst weg!
Ihr, die ihr so große Angst vor linker Gewalt habt: Tut etwas dagegen und verhaltet euch so, wie man es von einer verfassungstreuen Polizei erwarten muss. Polizei und Regierung haben kein Vertrauen mehr verdient, nur noch das Grundgesetz zählt!
Es gibt jetzt die Notwendigkeit, diese Demokratie, diesen Rechtsstaat zu verteidigen, und diese Notwendigkeit können wir nicht mehr den staatlichen Institutionen überlassen, sie sind unterwandert. Es liegt an uns!
Wer mich kennt, der weiß, dass ich damit nicht zur Gewalt aufrufe, drum erkläre ich es heute mal nicht! Ich will nicht abschwächen, was ich sage, dafür bin ich zu wütend, zu schockiert, zu enttäuscht!
Wer Demokrat*in ist, wer dem Rechtsstaat die Treue hält, muss inzwischen Angst haben vor den Rechten, aber nicht nur vor den Hooligans, sondern vor den Handlangern in Staat, Polizei und Justiz. Staatsanwält*innen, Richter*innen, Polizist*innen!
Wenn es so weit ist, dass die Institutionen von Faschisten durchsetzt sind, und wenn jede*r Angst haben muss, der / die eine andere Meinung vertritt, dann ist ein Punkt erreicht, wo ich in einem solchen Land nur noch notgedrungen lebe!
Ich habe vorgestern schon einen Hassbrief bekommen, weil ich eine Journalistin hier für einen guten Artikel gelobt habe. Und ich weiß, dass es keinen Sinn hat, gegen so etwas vorzugehen. Viel zu geringfügig. Ich bin es leid, endgültig!
Deutschland ist auf dem Weg in einen autoritären und faschistoiden Staat! Und die Politik und die Polizei helfen kräftig mit und behindern alle Gegenbewegungen, siehe Gemeinnützigkeitsproblem, Polizeiproblem, Querdenkerproblem, Justizproblem, NSU-Problem!
Und jetzt höre ich auf, damit mich nicht alle entfolgen, die glauben, noch vernünftigen Geistes zu sein! Sorry für die letzten Minuten. – Ach – Was entschuldige ich mich eigentlich: Bin ich bescheuert? Ja, bin ich! also: Sorry!“
Auch zwei Tage später, da ich mich wieder beruhigt habe, habe ich nichts davon zurückzunehmen. Justiz, Polizei und Politik werden zunehmend von rechts unterwandert, und die meisten Menschen haben immer noch keine Ahnung davon, wie weit diese Entwicklung fortgeschritten ist. Es mag sich nur um 20 % der Bevölkerung handeln, aber in den Schlüsselstellungen der Sicherheitsarchitektur sind sie sicher überproportional vertreten. Anders lässt sich die Katastrophe von Frankfurt, von Leipzig, von Dresden und den vielen anderen Städten nicht erklären. Wer als Innenminister bei Nazis Waffen kauft, der ist übrigens auch kein lupenreiner Demokrat.

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
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