Als zweite und dritter haben wir heute in unserem Wahllokal unsere Stimme abgegeben. Dabei entwickelten sich einige interessante Gespräche.
Ich muss wirklich zugeben, dass ich Angst vor einer schwarz-gelben Regierung habe. Für die unteren Einkommensschichten gibt es da wahrlich nichts zu lachen, und für Behinderte gilt dasselbe. Trotzdem war dieser kalte, klare Morgen sehr schön, als wir zum Wahllokal marschierten. Am meisten freute sich Holly, unser Hund, die fröhlich, trotz ihrer 12 Jahre, durch den Park tollen konnte. 10 Minuten brauchten wir, und wir hatten uns das Ziel gesetzt, die Ersten zu sein, was uns nicht ganz glückte.
Als wir in den Saal des Gemeindehauses kamen, wurden wir vom Wahlvorsteher begrüßt, der uns gleich fragte, ob wir unsere Schablone dabei hatten. Das konnten wir bejahen, und ich fragte ihn, woher er wusste, dass es diese Schablonen gibt. Das ist vielleicht eine blöde Frage, aber mich interessierte einfach, wie die Wahlvorsteher der einzelnen Lokale davon erfuhren. Er erzählte, dass er vor der Wahl ins Rathaus gehen müsse, um dort über seine Pflichten belehrt zu werden und Informationen zu erhalten. Dort hatte man ihm auch die Wahlschablone erklärt. Allerdings hatte er noch keine im Original gesehen, erklärte uns aber genau, wie man damit umging.
Es war leicht, den Wahlzettel einzulegen, die Wahlschablone hat dort, wo das Loch im Wahlzettel ist, eine Einkerbung. Dann machte ich meine Kreuzchen, das war ein ganz niedriger Tisch, vor den ich mich kniete, damit es gut ging. Ich kniete also in Demut bei meiner bürgerlichen Pflicht:-).
Der Wahlvorsteher führte mich zur Urne, nachdem er sich vergewissert hatte, dass wir den Wahlzettel wieder nach Innen gefaltet hatten, und ich hatte die Assoziation eines großen Wäschekorbes. So ungefähr fühlte sich das Ding an. Als ich meinen Zettel eingeworfen hatte, sagte er: „Ich bedanke mich im Namen des Deutschen Volkes für Ihre Stimmabgabe.“ Woraufhin ich antwortete: „Da gibt es nichts zu bedanken, ich bin das Deutsche Volk, der Souverän.“ Beim Hinausgehen entdeckten wir, dass einer unserer Nachbarn, der auch einen Hund hat, und den wir so kennengelernt hatten, zum Wahlvorstand gehört.
Durch unsern Park schlenderten wir mit unserem fröhlichen Hundchen zurück nach hause. Jetzt haben zumindest wir alles getan, was wir hier und heute für eine vernünftige und erträgliche Zukunft tun konnten. Jetzt kann ich mich auf meine Radiosendung vorbereiten, CD’s brennen und mir gute Sprüche überlegen. Ach ja, und die Telefonnummer meiner Interviewpartnerin sollte ich auch parat haben.
Copyright © 2005, Jens Bertrams.