In den Vereinigten Staaten wartet man gespannt auf die ersten Maßnahmen der Obama-Administration. Ein wichtiges, für uns alle wichtiges, Thema ist die wirtschaftliche Gesundung. Dabei kommt dem Schuldenabbau zentrale Bedeutung zu.
Aber wie stellt man so was an, wenn man einen so hohen Schuldenberg wie die USA hat? In Deutschland heißt die Devise immer: Sparen, Sparen, noch mal Sparen! Und eigentlich klingt das ja auch logisch. Und wo spart man dann? Natürlich nicht bei denen, die Arbeitsplätze schaffen sollen, oder die an der Börse Gewinne machen sollen. Man spart natürlich nicht bei Subventionen für die Wirtschaft, oder bei Steuergeschenken oder Finanzspritzen für Banken, die sich selbst in den Ruin getrieben haben oder durch unverantwortliche Spekulationen und ungeheuerliches Schmarotzertum in die Krise getrieben wurden. Man spart bei den Menschen, die zu den Wirtschaftszahlen nur scheinbar etwas beitragen: Bei den Beitragszahlern und Arbeitslosen. Im Klartext heißt das, im Sozialbereich wird gespart, die Wirtschaft aber soll weiter florieren. Hintergedanke ist, dass die Wirtschaft dann Arbeitsplätze schafft, und die Binnennachfrage kurbelt dann die heimische Wirtschaft zusätzlich an, und schon haben wir wieder einen Aufschwung, ohne eine Grenze des ewigen Wachstums erkennen zu können. Je weniger Sozialsystem wir haben, denken manche, desto besser geht es den meisten unseres Volkes. Logisch?
Die neue Obama-Administration scheint einen anderen Weg gehen zu wollen, um die Schuldenfalle zu verlassen. Dort nämlich scheint man mehr Schulden machen zu wollen. Weiland hat es Bill Clinton genauso gemacht. Mehr Schulden, damit Finanzierung von Sozialsystemen und Gesundheitsfonds, und die Leute, die in einer gewissen sozialen Sicherheit leben, können mehr kaufen, die Wirtschaft wird angefacht, die Steuereinnahmen steigen, die Schulden sinken. Dazu braucht man mit Sicherheit einen langen Atem, und acht Jahre einer solchen Politik werden beiweitem nicht ausreichen. Aber in den USA ist immerhin auch hin und wieder ein Haushaltsüberschuss möglich, ein Zustand, den wir seit den frühen sechziger Jahren gar nicht mehr kennen. Demokratische Regierungen scheinen da einen recht langen Atem zu haben, Roosevelt, Kennedy, Clinton und jetzt offenbar auch Obama.
Natürlich kann das ganze nur funktionieren, wenn es auch immer wieder etwas zum Kaufen gibt. Ich frage mich, wie lange das verrückte Wirtschaftssystem überhaupt noch stand hält. Sicher, die immer schlechtere und billigere Produktion materieller Güter und Gebrauchsgegenstände sorgt für schnelleren Verschleiß und schnellen Neukauf, und das hält die Wirtschaft in gang. Aber muss man sich nicht irgendwann tatsächlich fragen, was für ein Bedarf an welchen Gütern tatsächlich besteht? Denn wenn kein Bedarf besteht, funktioniert der Schuldenabbau des Staates auch nicht. Für den Moment aber scheint mir die Idee, neue Schulden zu machen, um sie mittelfristig abzubauen, ein guter Ansatz. Wir in Deutschland sollten das auch mal probieren, und nicht so halbherzig wie bislang. Erhöht das ALG II und die niedrigstlöhne und die Renten, senkt die Kosten des Gesundheitssystems für die Beitragszahler, verbietet jegliche Privatisierung im Gesundheitssektor, verstaatlicht die Bahn und führt vernünftige Preise wieder ein. Das alles kostet Geld, aber auf die Dauer sorgt es dafür, dass die Deutschen wieder genug Geld in der Tasche haben, um der Wirtschaft wieder auf die Sprünge zu helfen.
&Copy; 2008, Jens Bertrams