Den folgenden Kommentar habe ich am 2. November 2009 für die Sendung „17-20, der Soundtrack zum Tag“ auf ohrfunk.de geschrieben und veröffentlicht. Er ist größtenteils ein Auszug aus einem älteren Kommentar in diesem Blog.
Theo van Gogh war 47 Jahre alt und ein Urgroßneffe von Vincent van Gogh. Er
war ein Filmemacher und Provokateur. Holland hielt viel von ihm. Er sagte
seine Meinung, überzog und überspitzte sie, und obwohl er immer
mal wieder einen Sturm der Entrüstung auslöste, war man stolz auf ihn. Es
gehörte zum holländischen Selbstverständnis, seine Provokateure zu haben,
die unverblümt unangenehme Dinge sagten, die bis hart an die Grenze der
Beleidigung gingen. Es ist in Holland nicht einfach, Provokateure in eine
politische Schublade zu stecken. Weder Theo van Gogh, noch Pim Fortuyn waren
im klassischen Sinne Rechtsausleger. Van Gogh legte sich politisch überhaupt
nicht fest, von ihm kriegten die Linken und die Rechten ihr Fett, und alle
drei großen Religionsgruppen, die Christen, Juden und Moslems. Er teilte
aus, und setzte sich gleichzeitig vehement für Demokratie, Meinungsfreiheit
und Gleichberechtigung ein, beleidigte aber jede Religion mindestens einmal.
Er lebte in Amsterdam, gab sich volksnah und fuhr täglich mit dem Rad zur
Arbeit. Auch er war stolz auf dieses multikulturelle Gewimmel, dass als das
tolerante kleine Land perfekter Integration bekannt geworden war.
Im August 2004 zeigte das niederländische Fernsehen einen elf-minütigen Film
Van Goghs, in dem, so verkürzten es die Medien, frauenfeindliche Koranverse
auf die nackten Körper geschundener Frauen geschrieben worden waren. Wieder
eine Provokation. Es sollte seine letzte sein.
Am 2. November 2004 fuhr er mit seinem Rad zum Studio.
Auf dem Weg sprach ihn der 26jährige Mohammed B. an, ein niederländer marokkanischer
Abstammung, der in Amsterdam geboren und aufgewachsen war. Mit einem Messer
stach er auf den Filmemacher ein, schoss dann fünf mal auf van Gogh, schnitt
dem Toten sodann mit einem zweiten Messer die Kehle durch und rammte ihm das
Messer, um dessen Heft ein Brief geschlungen war, in den Bauch. Dann floh
er, konnte aber wenig später in der Nähe des Tatortes bei einem
Feuergefecht mit der Polizei gestellt und festgenommen werden. Das Land war
entsetzt. Zwei Tage später begann sich der gegenseitig
aufgestaute Hass und die Wut zu entladen. Brandsätze gegen Moscheen, Kirchen
und Schulen wurden geworfen, die Regierung verkündete, man sei im Krieg.
Der Brief, den die Polizei um das Messer gewickelt fand, mit dem Theo van
Gogh ermordet worden war, war an die Parlamentsabgeordnete Ayaan Hirsi Ali
gerichtet. Van Gogh kam in diesem Brief nicht ein einziges mal vor.
Ayaan Hirsi Ali wurde am 13.11.1969 in Mogadischu, Somalia, als Tochter der
zweiten Frau eines Reformpolitikers geboren, der das damals kommunistische Land
verlassen musste. Vor einer Zwangsheirat floh Ayaan Hirsi Ali in die Niederlande. Sie ließ sich einbürgern, studierte Politologie und wurde für die Liberale Partei ins Parlament gewählt. 2004 schrieb sie das Drehbuch zu einem Kurzfilm namens Submission, der von Theo van Gogh gedreht wurde. Eine islamische Frau betet in diesem Film zu Allah und
erzählt das Schicksal von vier weiteren Frauen, die um sie herumsitzen.
Eine, die wegen außerehelichem Verkehr zu 100 Stockschlägen verurteilt
wird, eine, die gegen ihren Willen verheiratet und in der Ehe vergewaltigt
wird, eine, die von ihrem Mann misshandelt wird und eine, die Allahs Gebote
immer beachtet, aber von ihrem Onkel im Haus vergewaltigt wird, deren Vater
ihre Anschuldigungen aber als Ehrverletzung seines Bruders betrachtet. Die
zu diesen Geschichten gehörenden Koranverse sind auf den Körper oder die
Kleidung der Frauen geschrieben. Dieser Film, der nach Aussage
niederländischer Medien für van Goghs Verhältnisse eher noch moderat ist,
führte zu dem Mordanschlag, der eigentlich Ayaan Hirsi Ali galt, aber an
Theo van Gogh verübt wurde, weil man an die Abgeordnete nur schwer heran
kam. Wütend, verzweifelt und traurig, mit Schuldgefühlen belastet, weil sie
Theo van Gogh gefragt hatte, ob er den Film produzieren wolle, musste Ayaan Hirsi
Ali untertauchen. Immer wieder hatte van Gogh gesagt: „Ich bin doch hier der Dorftrottel, mir passiert nichts.“ Er hat sich getäuscht. Die Niederlande haben sich erst in letzter Zeit einigermaßen vom Trauma dieses Mordes erholt. Das bild von der funktionierenden multikulturellen Gesellschaft ist endgültig dahin, die Frage, ob sie ohnehin nur verdeckte Gleichgültigkeit gewesen war, wird immer noch debattiert. Ayaan Hirsi Ali lebt bis heute an geheimgehaltenen Orten unter Polizeischutz. Sie hatte in die USA gehen und dort arbeiten wollen, konnte aber das Geld nicht aufbringen, für ihren persönlichen Schutz zu sorgen. Sie ist inzwischen von den Niederlanden enttäuscht und möchte das Land eigentlich verlassen. Sie wird vermutlich nie wieder ein normales Leben führen können. Theo van Gogh ist bis heute nicht vergessen. Er ist einer, der regelrecht hingerichtet wurde, weil er sich für Meinungsfreiheit und gegen Unterdrückung und Unrecht engagierte.
© 2009 ohrfunk.de
Autor: Jens Bertrams
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Ich fand den Mord an Theo van Gogh sehr grausam. Der Film Submission geht im wahrsten Sinne des Wortes unter und durch die Haut.
Das ist der Polik der Euroipäre, die versuchen mit den Verbrechern wie Nasrin Bassir, jaleh Ahmadi, Mitra Zahedi, Shadi Amin, Christina Clemm, … die Demokraten ins Gefängmis zu stecken. Warum betreibt die Bundesregierung mit den Verbrechern eine Hetzjagd gegen die aderesdenkenden? Die Quittung werden sie früher oder später bekommen.
Shande über Europa, dass mit den verbrecher gemeinsamme sach plant.
@islam: Keine Hetze in diesem Blog! Jemanden als Verbrecher zu beschimpfen, lehne ich kategorisch ab!