Meine Frau befahl mir, künftig in meinem Blog auch mehr über positive Dinge zu schreiben, sozusagen als Ausgleich für die dauernd von mir verbreiteten oder kommentierten schlechten Nachrichten. Ohne Hoffnung und positive Beispiele wäre ein gutes Engagement oft nicht möglich. Mit diesem Posting trage ich ihrem Befehl Rechnung.
Vor ein paar Tagen machte mich ein Mitglied einer politischen Mailingliste, der ich angehöre, auf einen wirklich interessanten Artikel aus der Schweiz aufmerksam. Dort wird beschrieben, wie psychisch gestörte, narzistische Manager sich verhalten, wie sie in ihrer gesamten Arbeit für sich das Beste rausholen und dafür auch Gesetze brechen, wie sie immer die Anderen und nie sich selbst verantwortlich machen. Ein Fazit des interviewten Psychologen war, dass ihm tätige Reue in seiner dreißigjährigen Berufserfahrung noch nicht begegnet sei. Das ist erschreckend, es zeigte für mich irgendwie die Verkommenheit aller Kapitalisten und Unternehmer.
Und dann kam mir der „rote Reeder“ in den Sinn. Er heißt Peter Krämer und ist durchaus ein Unternehmer, ein Reeder eben. Das ziemlich abgewirtschaftete Familienunternehmen in Hamburg verzeichnete seit seinem Amtsantritt als Chef wieder deutliche Gewinne. Die erste Auffälligkeit an ihm war vermutlich, dass er seine Schiffe nach bekannten Widerstandskämpfern wie Hans und Sophie Scholl oder Simon Bolivar benennt. 2003 gründete er aus Protest gegen den Irakkrieg mit Anderen eine Gesellschaft, die sich für Demokratie, Menschenrechte und das Völkerrecht einsetzt. Außerdem gründete er die Initiative „Schulen für Afrika„.
Im November 2005 dann machte Krämer zusammen mit weiteren bekannten Persönlichkeiten von sich reden, weil er einen offenen Brief an Angela Merkel schrieb. Sie führte damals Koalitionsverhandlungen mit der SPD und stand ganz kurz vor ihrer Kanzlerschaft. Darin mahnte er eine gerechtere Lastenverteilung an und schlug eine drastische Erhöhung der Steuerlasten für Reiche vor, und zwar rund um das fünffache. Das würde dem Staat, so rechnete Krämer vor, jährlich 66 Milliarden Euro einbringen. Er und seine Mitstreiter seien bereit, jederzeit so viel zu zahlen, ohne ihre Wirtschaftstätigkeit in Deutschland zu beenden, versteht sich.
Das hat mich schwer beeindruckt, zumal Krämer diese Forderung in den letzten Jahren immer wiederholt hat, auch als er in der Finanzkrise nach eigenen Angaben weit mehr als die Hälfte seines Vermögens verlor. Krämer mag als Sonderling gelten, aber mir beweist sein Engagement, dass Unternehmertum die Menschen nicht per se verdirbt. Es beweist auch, dass es mit den richtigen Unternehmern eine soziale Marktwirtschaft geben kann, ohne dass die Unternehmer um ihren Reichtum fürchten müssen. Persönlich habe ich ja sozialistisch oder kommunistisch geprägten Wirtschaftssystemen immer skeptisch gegenüber gestanden. Und Peter Krämer zeigt, dass eine Marktwirtschaft mit sozialem Antlitz möglich ist. Natürlich wussten wir das schon, weil es in den fünfzigern, sechzigern und frühen siebzigern möglich war. Aber das waren die guten Zeiten. Es ist eben auch in der Krise möglich.
Wirtschaftslenker können Menschen mit einem sozialen Gewissen sein, und Peter Krämer ist natürlich nicht der Einzige, wenn auch der Bekannteste. Götz Werner, der Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens, dürfte ebenfalls noch bekannt sein. Vielleicht werden solche Leute in der Zukunft ja mehr gehört, gerade wenn der, wie sagt man so schön, Raubtierkapitalismus, keine Lösungen mehr bietet.
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