Den folgenden Beitrag habe ich für den Ohrfunk am 10.01.2017 veröffentlicht und stelle ihn hier zur Verfügung.
Zwei Wochen ist das Jahr bald schon wieder alt, man kann sich also schon mal langsam fragen, was aus den guten Vorsätzen der Silvesternacht geworden ist. Oder hatten Sie gar keine? Sind Sie vielleicht der Meinung, dass es eh sinnlos wäre? Ich fürchte, wir alle kommen – mal mehr mal weniger schnell – irgendwann zu dieser Erkenntnis. Zumindest trifft das auf persönliche Vorsätze zu wie: Das Rauchen aufgeben, nicht mehr so oft die Frau ärgern, dem Chef nicht mehr so oft widersprechen und so weiter. Wie ist es aber mit politischen Vorsätzen?
Ich habe mir für das Jahr 2017 zwei Vorsätze vorgenommen, die nicht leicht durchzuhalten sein werden, die ich aber nichts desto trotz wichtig finde. Sie sollen mir dabei helfen, kraftvoll, selbstsicher und aufmerksam durch dieses Jahr mit seinen Unwägbarkeiten und Neuerungen zu gehen.
Im letzten Jahr haben mich viele Situationen in meinen Grundfesten erschüttert, und ich habe auch darüber geschrieben, habe meiner Fassungslosigkeit Ausdruck verliehen, habe gewarnt und gemahnt. Doch ich kann noch so sehr mahnen und warnen: Solange ich keine Alternative habe, und solange ich selbst nicht an eine alternative glaube, wirklich glaube, solange kann ich nichts ändern und niemanden überzeugen. Deshalb ist mein erster Vorsatz: die eigene politische Meinung und Position festigen, nach außen tragen und mit Freundlichkeit und Klarheit vertreten. Gerade die rechten Kräfte fordern immer wieder den Dialog von uns. Ich habe vor kurzem gesagt, dass es vielleicht besser gewesen wäre, früher ihre Sorgen ernstzunehmen, und dazu stehe ich. Aber das heißt eben nicht, dass man sich unbedingt ihrer Meinung anschließen muss. Sie verlangen Dialog von uns, und viele von uns sind so beflissen, dass die Rechten ihre Auffassung mittlerweile in jeder Talkshow und jeder Zeitung, in jeder Nachrichtensendung und jeder Diskussionsrunde nahezu unwidersprochen verbreiten können. Dagegen werde ich mich von nun an mehr damit beschäftigen, meine eigene Meinung zu sagen und sie der Meinung der Anderen gegenüberzustellen und als alternative anzubieten. Was hatten wir denn von unserer Dialogbereitschaft? Wir wurden als Lügenpresse oder grünrotlinksversiffte Gutmenschen beschimpft, also persönlich niedergemacht. Dialog kann nur in gegenseitigem Respekt funktionieren. Da das selten möglich ist – Ausnahmen bestätigen die Regel – werde ich es von jetzt an mit dem bösen und überspitzenden Kabarettisten Georg Schramm halten: „Man soll nicht so viel über das Gesindel reden.“ Also rede ich über mich: Ich bin Humanist, zutiefst davon überzeugt, dass es richtig ist, seinen Mitmenschen freundlich, offen und zugewandt zu begegnen, ganz egal, woher sie kommen oder woran sie glauben. Solange man mir auch friedlich begegnet, ist alles in Ordnung, auch wenn wir unterschiedliche Meinungen haben. Erst wenn der Friede gebrochen wird, ändert sich die Situation. Ich glaube fest daran, dass ehrlich gemeinte gute Taten anderen Menschen gegenüber öfter positiv vergolten werden als negativ. Ich weiß ganz sicher, dass wir alle Teil einer großen, menschlichen Gemeinschaft sind, und dass wir uns vor allen in Acht nehmen sollten, die Hass ausstreuen, egal, woher sie kommen und woran sie glauben. Nach diesen Grundsätzen will ich leben, handeln und schreiben.
Mein zweiter Vorsatz ist noch schwieriger durchzuhalten, aber ich will es trotzdem versuchen: Auch in Zeiten großen Wandels, großer Umwälzungen und großer Gefahren gibt es positive Entwicklungen. Zum Beispiel gibt es viele engagierte Menschen, es gibt Fortschritte bei erneuerbaren Energiequellen, manche Menschen beginnen einzusehen, dass die Macht großer Konzerne nicht das Maß aller Dinge ist. Gerade im eigenen Umfeld, bei Bürgerinitiativen, Stadtteilprojekten und lokalen Events kann man viel über gesellschaftliches Engagement erfahren, wenn man will. Ich habe mir fest vorgenommen, diese positiven Dinge auch zu sehen und darüber zu berichten, wenn sie mir begegnen. Nur, wenn ich kein Schwarzseher mehr bin, kann ich auch etwas bewirken.
Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen Schwarzseherei und notwendigen Ermahnungen, aber oft sind die Grenzen sehr fließend, und ich weiß, dass ich dafür sehr anfällig bin.
Wie ist es nun bei Ihnen mit den Jahresvorsätzen? 2017 ist ein Wahljahr, ein Jahr, in dem wir mehr als sonst in der Hand haben, wohin die Reise geht, auch wenn bei manchen politischen Parteien, die wir wählen können, am Ende immer dasselbe herauskommt. Aber wir wissen das, und deshalb ist unsere Macht nicht verloren. Was fangen Sie also mit Ihren politischen Möglichkeiten 2017 an?
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