Eigentlich ist es nicht meine Art, an Geburtstagen meiner Freunde schriftliche Lobreden zu veröffentlichen, die ich ihnen auch mündlich zukommen lassen könnte. Aber im Falle von Franz-Josef Hanke, der eine öffentliche Person ist, kann man wohl eine Ausnahme machen.
Am 4. August 2004, einem Mittwoch, bekam der Arbeitskreis barrierefreies Internet zum ersten und bisher einzigen Male einen Praktikanten. Es war ein junger Mann, der an der deutschen Blindenstudienanstalt hier in Marburg Datenverarbeitungskaufmann und damit auch das Programmieren lernte. In seinem Praktikum für den Akbi sollte er ein barrierefreies, datenbankgestütztes Content-management-system zum dynamischen Betreiben einer Webseite erstellen. An diesem Mittwoch trafen wir uns in der Wohnung von Franz-Josef Hanke, um mit unserem Praktikanten die Details zu besprechen. Und weil wir vom Vorstand des Vereins das Projekt begleiten wollten, entschieden wir uns, dieses Treffen jeden Mittwoch zu wiederholen, solange unser Praktikant bei uns war. Zwar sprachen wir natürlich über die Fortschritte, die seine Arbeit machte, aber in den kommenden Monaten entwickelte sich dieses Treffen auch zu einem gemütlichen Frühstücksgespräch über Gott und die Welt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir es nicht einstellten, als unser Praktikant uns nach erfolgreicher Arbeit wieder verließ. Die von mir einst so genannte Mittwochsrunde war entstanden, in der Franz-Josef Hanke, Dr. Eckart Fuchs und ich uns die Welt erklären und uns freundschaftlich zur Seite stehen: Beim Autokauf, bei der Einrichtung und Reparatur von Computern, bei Liebeskummer, gesundheitlichen Wehwehchen und politischer Lethargie. Alle zwei Wochen sitzen wir beisammen, frühstücken gemütlich, genießen unsere inzwischen tief verwurzelte und gewachsene Freundschaft und besprechen die Lage der Welt, seit 2015 auch zu hören im Internet.
Ich habe schon viel über meinen Freund Franz-Josef Hanke geschrieben, den Dreh- und Angelpunkt unserer Mittwochsrunden. Von seiner unverbrüchlichen Freundschaft und Loyalität, als man öffentlich über mich in meiner Depression die Nase rümpfte oder ich beim Ohrfunk eine Sendung verpatzte, habe ich erzählt. Ich habe berichtet, wie wir uns kennenlernten vor 21 Jahren, und wie er mir den Journalismus beibrachte. In einem Beitrag über einen Serverumzug vor 2 Jahren habe ich ihn einmal scherzhaft öffentlich einen Menschenschinder genannt, und wir haben gemeinsam darüber gelacht. All das ist richtig, und ich wiederhole es nur der Vollständigkeit halber. Doch es ist eine Eigenschaft, die mir in den letzten Jahren immer mehr an ihm aufgefallen ist, und die mir und anderen immer wieder Halt gegeben hat, für die ich mich heute bei ihm bedanken möchte. Franz-Josef Hanke ist ein unverbrüchlicher Optimist.
Was ist nicht alles geschehen, seit unsere Mittwochsrunde startete. Damals hieß der Bundeskanzler noch Gerhard Schröder, und wir konnten weder mit der AfD, noch mit Donald Trump, dem EU-Austritt Großbritanniens rechnen, noch mit dem arabischen Frühling, dem fast völligen Verschwinden der Sozialdemokratie oder anderen politischen Gegebenheiten, die heute unser Leben bestimmen. Für mich bricht immer mal wieder die sicher geglaubte Welt der deutschen Nachkriegsrealität zusammen, die unter dem Motto steht: „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!“ Und wenn mich dann eine Lähmung befällt, wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann kommt Franz-Josef Hanke. Er sammelt seine Energie zusammen und peitscht auf, macht mut und unterstützt. Für ihn sind all die Dinge, die ich hin und wieder als echte Katastrophen erlebe, kurze Rückschläge auf einem insgesamt gesehen positiven Weg hin zu Humanismus, Gleichberechtigung, Frieden und sozialer Sicherheit. Ich beneide ihn für diese Fähigkeit der Zuversicht selbst in den dunkelsten Stunden, und ich kann mich nur bedanken für die Bereitwilligkeit, mit der er diese Zuversicht teilt.
Seit wir uns im Januar 1998 kennenlernten hat Franz-Josef Hanke ein wahres Feuerwerk an Aktivitäten abgebrannt. Vor zwei Jahren, beim großen Serverumzug, hatte er 40 Domains im Netz registriert, die er zum größten Teil allein bestückte und mit Inhalt füllte. Er organisiert das marburger Leuchtfeuer für soziale Bürgerrechte, gibt eine Onlinezeitung für Marburg heraus und leitet die Humanistische Union in Marburg. Er kann stolz sein auf seine Erfolge, und er kennt das Gefühl, wenn man von ihm beeindruckt ist. Der halben Welt ist er begegnet in seinem Leben, und der Satz: „War ja klar, dass du den (oder die) kennst“, gehört zu meinem Standardrepertoire, wenn ich mich mit ihm unterhalte. Wenn er nur kurz eine Bemerkung machen will, dann kann jemand, der das Gespräch nicht verfolgen will, erst einmal einen Kaffee kochen gehen. – Allerdings ist er dann im Gegensatz zu mir nicht klüger geworden, hat nichts dazu gelernt und hat keinen Anteil an Ratschlägen, freundschaftlicher Hilfsbereitschaft und Anteilnahme gefunden, die unseren Maestro auszeichnen.
Eckart Fuchs und ich, die wir uns seine Freunde nennen dürfen, nennen Franz-Josef Hanke oft unseren „großen Vorsitzenden“, wenn er es nicht hört. In seinem Wohnzimmer fühlen wir uns wohl, beobachten wir, wie wir älter werden, wie wir uns verändern, wie wir die Welt sehen. Hin und wieder führen wir respektvolle Auseinandersetzungen, aber wir beleidigen uns nie. Das ist ein Segen in der heutigen Zeit.
Rund 300 Mal oder öfter haben wir uns seit dem 4. August 2004 zu dritt oder mit Anderen gemeinsam getroffen, haben gefrühstückt und debattiert, haben gelacht und nachgedacht. Franz-Josef Hanke war immer derjenige von uns, der für alle Probleme zumindest hartnäckig versucht hat, eine Lösung zu finden. Und für seine Freunde kann sein Herz nicht groß genug sein. Ich habe selten einen so freigiebigen, großzügigen Menschen wie ihn erlebt, und sein Optimismus wird sicher auch in Zukunft ein Leuchtstern in unserer Runde sein.
Dir, lieber großer Vorsitzender, alles Gute zum Geburtstag, auch wenn es kein Runder ist.