Wahltag 2 – Langeweile

Der Wahltag schreitet voran, nicht viel passiert.

11:45 uhr.

Langeweile. – Ich empfinde tatsächlich Langeweile. Beim Frühstück war ich hektisch und habe mich mit meiner Liebsten leicht gestritten, jetzt ist sie wählen, ich habe das per Briefwahl erledigt, und ich fühle eine Art von Langeweile. Bis 18 Uhr passiert nichts, abgesehen von der Tatsache, dass Fernsehkameras Spitzenpolitiker*innen beim Eintreffen vor ihrem Wahllokal filmen, oder bei ihrer Abreise. Der Bundespräsident ruft zur Wahl auf, der Regierungssprecher auch. AufTwitter sagen alle, dass man nicht die AfD wählen soll. – Wusste ich schon.

Vor irgend einem Wahllokal in Berlin gab es eine Schlange heute morgen, obwohl doch soooo viele Leute Briefwahl gemacht haben. – Vielleicht haben wir ja eine hohe Wahlbeteiligung?

Gleich erhalten wir Besuch. Dann überbrücke ich wenigstens ein paar Stunden.
Journalist*innen versuchen, die Spannung bis heute abend aufrecht zu erhalten. Sie müssen sich ganz schön viele spannende Geschichten einfallen lassen, Szenarien durchspielen und Schreckensbilder an die Wand malen. Die letzten Wahlprognosen werden immer wieder verbreitet, nicht die von heute, das darf man ja nicht, aber die von vorgestern, als Grundlage für die Horrorbilder. Ein Armutszeugnis.

Ich finde ja, man sollte Wahlprognosen in den letzten 2 Monaten vor der Wahl verbieten, damit sie nicht zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden, aber damit macht man den Wahlforscher*innen, diesen Kaffeesatzleser*innen mit Geschäftsinteresse, ja ihre Existenz kaputt.

16 Jahre Angela Merkel gehen zu Ende. – Ich weiß noch, wie es war, als 16 Jahre Helmut Kohl beendet wurden. So oder so hat man das Gefühl von etwas Neuem. Bloß bin ich mir relativ sicher, dass es politisch trügerisch ist. Das Neue wird in der Gesellschaft und im Klima stattfinden und hat längst begonnen.

Ich sollte einen Kaffee aufsetzen, unser Besuch kommt gleich.

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
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